Nachruf auf Nagano Hiromichi Sensei (19.06.1947 – 01.12.2017)

Nagano Hiromichi – Ein Leben für Aikido Yoshinkan

Nagano Hiromichi wurde am 19. Juni 1947 in Tanegashima im Süden Japans geboren. Die Insel Tanegashima gehört zur Provinz Kagoshima und hat geschichtliche Bedeutung erlangt. Die ersten Europäer landeten 1543 auf der Insel und brachten bald darauf das Zündnadelgewehr in das Reich der aufgehenden Sonne.

Schon früh zog es den jungen Hiromichi in die weite Welt und das bedeutete damals zunächst Tokyo. Er bewarb sich bei der Stadtpolizei und wurde in der Zeit von 1965 bis 1971 zum Judotrainer ausgebildet. Anlässlich der Olympiade 1972 reiste er erstmals nach Deutschland. Offensichtlich gefiel ihm das fremde Land, sodass er einige Zeit blieb. In Bielefeld arbeitet er als Judotrainer. 1975 begegnete er dem Aikidomeister Asai Katsuaki in der Polizeischule in Münster. Asai Sensei kam 1965 vom Aikikai Honbudojo und war wohl der erste originäre Aikido – Trainer in Deutschland. Als er die Unterrichtsstunden beobachtete, war er sehr beindruckt von der ganz anderen Etikette auf der Matte, eine Etikette, die ihn an heimatliche Muster erinnerte. Diese waren im Judo verloren gegangen, da zu wenige Japanische Meister in Deutschland unterrichteten. Er erinnerte sich plötzlich an einen Mitschüler an der Tokyoter Polizeischule, der bei Shioda Gozo Sensei Aikido trainierte. In München hatte das Dojo „Budokan „ mit Matsuba Harunobu (Karate/Judo) und Kuramatsu Itaru (Karate) am Rindermarkt eröffnet. Nagano Sensei stieß 1976 hinzu und war so der dritte im Bunde um ein erfolgreiches Budo Trainings Zentrum zu betreiben.

Seit 1978 besuchte Shimizu Kenji Sensei regelmäßig Deutschland. In ausgedehnten Lehrgängen unterrichtete er Aikido Tendoryu. Sein Training entfachte bei Nagano Sensei die uneingeschränkte Begeisterung für Aikido, sodass er beschloss, persönlicher Schüler von Shimizu Kenji Sensei in Japan zu werden. Er reiste 1983 zurück in sein Heimatland und wurde uchi deshi im Tendokan in Tokyo. Dort absolvierte er eine professionelle Ausbildung zum Aikido-Trainer und lernte unter anderem seine zukünftige Frau Sakai Keiko kennen. Durch alte Beziehungen zur Polizeischule kam er in Kontakt mit Inoue Kioichi Sensei, der dort Aikido unterreichte. Auf dessen Empfehlung hin stellte er sich im Dojo von Shioda Gozo Sensei vor, dem Begründer der Stilrichtung Aikido Yoshinkan, und wurde sein persönlicher Schüler.

Mit den neu erworbenen Kennnissen drängte er zurück nach Deutschland. Die Erteilung des Visums verzögerte sich allerdings, sodass er bis Mai 1986 in Honbu Dojo trainieren konnte. Shioda Gozo Sensei beauftragte ihn, diese Stilrichtung in Deutschland zu etablieren und auf zu bauen. Just als die deutsche Botschaft die Visumserteilung bekanntgab, verstarb seine Mutter. Er deutete dies als Bestätigung seiner Mission.

Zunächst wurde bei befreundeten Vereinen in Haar, Neuperlach, Bogenhausen und Germering hospitiert und Trainingseinheiten angeboten. Ein Judo Freund half bald weiter. Wolfgang Dörflinger betrieb am Josefsplatz in Schwabing in einer Tiefgarage ein Judo Dojo. Dort konnten zunehmend mehr Unterrichtseinheiten in Aikido Yoshinkan angeboten werden. 1991 war der Verein „Aikido Yoshinkan e. V“. gegründet. Im Haus des TSV 1860 in der Auenstrasse wurden eigene Räumlichkeiten angemietet, das Dojo im 1.Stock, die Duschen im Keller!
Für Jugendliche und Kinder waren die Gegebenheiten ungünstig, sodass der Vorstand des Vereins sich um eine neue Trainingsstätte bemühte. Gefunden wurde das ideale Dojo in der Lothstrasse. Die ehemaligen Werkstatträume des Bayerischen Blindenbundes wurden großzügig renoviert und dienen seit 2006 als schönstes Dojo weit und breit. Dank des reichhaltigen Trainingsangebots von Nagano Sensei und weitern hochgraduierten Mitgliedern des Vereins wuchs die Mitgliederzahl auf nahe 400. Damit ist es das größte Dojo außerhalb Japans.

Nagano Sensei lag die Verbreitung von Aikido Yoshinkan sehr am Herzen. In jährlichen Lehrgängen für Schülergrade und Danträger hat er das Verständnis gefestigt und vertieft. Dabei waren kulturelle Eigenheiten immer sichtbar und jeder konnte spüren, dass er sich auf Japanischer Kampfkunst eingelassen hatte. Er unterstützte auch die Bemühungen in der Schweiz und Italien und gründete erfolgreiche Filialen in Polen und der Ukraine.

In den 31 Jahren seines Wirkens hat er durch seine hervorragenden Verbindungen in die Heimat jährlich hochrangige japanische Aikidomeister nach Deutschland eingeladen.
Wir alle denken mit großer Bewunderung an die Lehrgänge mir den Großmeistern Shioda, Inoue, Takeno, Chida und Ando. Die sich anschließenden Demonstrationen waren immer auch Zeugnis der hoch entwickelten Kampfkunst in vielen Europäischen Ländern. Die Intensität der Vorführungen wird jedem im Gedächtnis haften bleiben.

Am 1. Dezember 2017 ist Nagano Sensei in München verstorben. Er war ausgezeichnet mit den 8. Dan Aikido Yoshinkan. Die Gemeinschaft der Dojos trauert mit seiner Familie um Ihren Gründer und Meister. Es ist uns Auftrag und Ansporn in seinem Sinne den Weg der japanische Kampfkunst weiter zu gehen.

Verfasst von Hellmut Schmücker im Auftrag des Vorstandes

Aikido Yoshinkan e.V.